Auch in der 3. Woche in Andahuaylas konnte ich weitere Fortbildungen für das psychologische Team halten. Als „Abschlussprüfung“ meiner kleinen Fortbildungsreihe reichten die Psychologen eine zusammen erarbeitete Mappe mit allen neu erlernten Techniken ein. Sie haben sich wirklich große Mühe gegeben und so ein Dokument geschaffen, mit dem sie sich immer wieder Anregungen holen können. Auch neue Kollegen werden so ganz einfach Zugriff auf diese Techniken haben.
Ich konnte ein paar ergotherapeutische Einzelstunden mit Müttern durchführen. Es war schön zu sehen, wie trotz der kurzen Zeit und der Sprachbarriere (Quechua) eine vertrauliche Atmosphäre entstand. Bei einer Mutter freute ich mich besonders. In der ersten Woche war sie sehr ängstlich. Immer wieder wurde ihr Mais vom Feld gestohlen. Da sie sehr abgelegen wohnt, hatte sie auch Sorge, dass bei ihr Zuhause eingebrochen wird. Ihr Mann hat immer wieder schwere alkoholische Exzesse. Außerdem hat sie zwei schwer behinderte Mädchen zu versorgen. Da diese nicht laufen können, ist dies auch eine körperlich sehr anstrengende Aufgabe. Vor einigen Jahren hat die Familie einen Sohn an derselben Erkrankung verloren. Vor Angst und Sorge fand sie kaum Schlaf und war sehr belastet. In ihrer Verzweiflung fiel sie immer wieder auf Betrüger rein. Diese lockten ihr mit okkulten Ritualen und irgendwelchen Scharlatanerien viel Geld aus der Tasche. Geholfen hat ihr das alles nichts. In der letzten Woche schien sie mir viel gelöster. Mit Hilfe der Übersetzung der Psychologin hakte ich etwas nach. Da bestätigte sie mir, dass es ihr besser gehe. Sie habe sich den schön gestalteten Bibelvers an ihr Bett gehängt und den Text auswendig gelernt. Dieser Vers und die Gespräche, die wir darüber geführt hatten, beruhigten sie und sie könne seitdem besser schlafen. Auch habe sie weniger Angst. Der Bibelvers, den ich für sie herausgesucht hatte, steht in Jesaja 41,10.
Fürchte dich nicht, denn ich stehe dir bei; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott!
Zum Abschluss durfte ich bei ein paar „Intensiv-Tagen“ dabei sein. Familien aus dem abgelegenen Andenbergdorf Chaccrampa, welches wir die Woche davor besucht hatten, kamen zu casayohana. In diesen regelmäßig stattfindenden Intensiv-Tagen bekommen die Kinder Therapie, Nachhilfeunterricht und Bine macht einen medizinischen Check-up. Eltern werden beraten, geschult und gegebenenfalls auch über die Diagnosen ihrer Kinder aufgeklärt. Weitere Therapie- oder Behandlungspläne werden besprochen und angeleitet. Die Familien bekommen Lebensmittelpakete und die Kinder zweimal im Jahr auch neue Kleidung.
Ich begleite Bine einen ganzen Tag. Wieder einmal durfte ich ihren liebevolle Umgang mit den Kindern erleben. Ich bekam aber auch mit, wie sie teils schwere Diagnosen den Eltern übermitteln musste. Es war schön zu sehen, welch schöne Beziehung Bine zu den Menschen hat und wie diese ihr viel Vertrauen schenken.
Mit den Eltern wurden Schulungen gemacht. Themen waren hier zum Beispiel „ausgewogene, gesunde Ernährung“ und „Die Wichtigkeit von sauberem Trinkwasser“. Den Familien wurde ein Filtersystem für Trinkwasser überreicht. Die Quechuas erzählten, wie sie früher einfach mit ihrem Hut das Wasser aus dem Fluss schöpften und dies tranken. Sie bemerken aber, dass dieses Wasser ihnen jetzt nicht mehr gut tue. Die Gewässer sind unter anderem durch Dünge- und Spritzmittel verunreinigt.
Ich gestaltete eine kreative Einheit mit den Eltern. Wir erschufen zusammen ein großes Bild. Die Eltern durften hierbei erleben, dass man zusammen Großes schaffen kann.
Ich bin dankbar für die Zeit in Andahuaylas. Mit dieser Arbeit beendete ich meinen Einsatz bei casayohana und ich machte mich auf den Weg nach Curahuasi.
