Wieder einmal fahre ich die 5 Stunden über die Berge zum Projekt Casayohana.
Freudig werde ich von allen begrüßt. Ich fahre schon am Samstagnachmittag, denn am Sonntag gilt hier in Peru seit ewigen Zeiten Fahrverbot aufgrund der Pandemie. Sonntags machen wir eine Pachamanca. Das ist ein traditionelles Essen, gekocht im Erdofen. Auf dem Land wird dieses Essen oft zur harten Erntezeit vorbereitet, in der Stadt ist es eher ein Festessen zu ganz besonderen Anlässen.
Der Montag beginnt mit einer Morgenbesprechung, einige Termine müssen verschoben werden. Die Mutter von einem Kind ruft an, dass sie aufgrund eines gemeinsamen Dorfeinsatzes nicht kommen kann – die Strafe, wenn man sich nicht beteiligt, beträgt einen ganzen Tageslohn.
Ein anderer Anruf bringt Aufregung: Der Onkel eines Projekt-Kindes ist angeschossen worden und nun im Krankenhaus. Ursache war eine Auseinandersetzung aufgrund von Drogen. Daher wird er auch von dem Drogenhändler gesucht. Wir erfuhren zudem, dass ein weiteres Familienmitglied getötet wurde und eine schwangere Schwiegermutter mit einer Kopfschusswunde im Koma liegt. Um uns nicht selbst in Gefahr zu bringen, gehen wir in nächster Zeit nicht zu diesem Haus. Das Kind wird mit der Mutter zu uns in die Einrichtung kommen. Wie gut, dass sie diese schlimme Situation nicht alleine durchstehen muss und Betreuung bei Casayohana findet. Wir beten für sie.
Nach der Besprechung geht es zum ersten Kind. Freudig macht die Mutter die Türe auf, leider hat der 15jährige extrem abgenommen. Er sitzt im Rollstuhl und kann nicht sprechen. Doch wir haben eine schöne Beziehung zu ihm und seiner Familie aufgebaut. Einiges verstehen wir auch ohne Worte, den Grund für die Essenverweigerung können wir jedoch nicht rausfinden. Nelli geht sehr liebevoll, aber auch mit Durchsetzungsvermögen an die Sache heran und redet mit ihm ganz offen und ehrlich. Nach verschiedenen therapeutischen Maßnahmen lesen wir eine Geschichte aus der Kinderbibel und singen mit ihm. Ja, das gefällt ihm. Im abschließenden Gebet vertrauen wir den Jungen und seine Situation Gott an.
Die nächste Patientin kommt direkt zu Casayohana. Freudig begrüße ich ihre Mutter. Sie hat das 1 Monat alte Baby auf den Arm. Ich frage wie die Kleine heißt. Die Mutter weiß es nicht und muss den Bruder fragen. Das Kind war nicht erwünscht, der Vater war alkoholisiert, die Mutter hatte keine Möglichkeit es zu verhindern …
Wir sehen verschiedene Kinder, die allermeisten kenne ich schon. Ich gebe Tipps weiter, wir behandeln gemeinsam und ich verabschiede mich von den Kindern, denn dieser Einsatz ist erst einmal der letzte bei Casayohana.